In einem alten Mercedes-Van ging es daraufhin weiter zum Einführungsseminar, welches uns den Einstieg in das neue Land erleichtern sollte. In den nächsten drei Tagen versuchte uns Nico, der Leiter des Seminares, Kambodscha näher zu bringen. Dabei führte er uns besonders die zweischneidigkeit Phnom Penhs, der "Stadt in der alles geht", vor Augen. Auf die Besichtigung einer neuen, riesigen westlichen Shoppingmall folgte eine Stadttour bei der man vorallem die Armut und Missstände der Stadt zu spüren bekam. Auch besichtigten wir das alte Folter- und Hinrichtungslager "S21" der roten Khmer, dessen Atmosphäre stark an ein deutsches KZ erinnerte. Mit jedem Schritt in diesem fremden Land immer klarer, dass hier die Dinge anders laufen.
Das Seminar wurde mit einer wunderschönen Botsfahrt über den Mekong abgeschlossen, danach überliß uns Nico unserem einengen Schicksal.
Auf die Ersten Nächte im Haus folge der erste Arbeitstag. Nach einer netten Einführung von unserem Chef wurden uns die Klassen zugeteilt. Jeder bekam 4 Klassen pro Tag, zwei am Vormittag, zwei am Nachmittag. Pro Klasse anderthalb Stunden Unterricht, wie dazwischen 2 Stunden Mittagspause. In jeder Klasse sind zwischen fünf und fünfzehn Schüler, die zwischen 5 und achtzehn Jahre alt sind. Darauf folgte der Sprung in das kalte Wasser. Zum ersten mal seit meiner Ankunft Begriff ich, dass ich nun einer wirklichen Arbeit und Verantwortung nachgehen musste, und das für ein Jahr. Zu Beginn stand ich oft vor Schülern und wusste nicht wirklich was ich nun tun sollte.
Die ersten Wochen fühlten sich sehr intensiv an, da es uns nicht nur schwer fiel den Unterricht vorzubereiten und nun ein Lehrer zu sein, sondern wir uns auch in einer komplett neuen Kultur zurecht finden mussten. Es blieb anfangs nur wenig Freizeit übrig, da wir neben dem normalen Unterricht die restliche Zeit meist damit verbrachten neue Unterrichtsstunden zu gestallten, einzukaufen, zu kochen und zu Putzen. Was es bedeuten auf eigenen Beinen zu stehen, wie den Arbeitsaufwand als freiwilliger hatte ich eindeutig unterschätzt.
Einen Monat später normalisieren die Dinge sich. Man beginnt sich zurecht zu finden, sich zu streiten, Probleme selbst lösen zu können, neue Namen und Wörter zu erlernen, zu wissen was ist wo für wie viel gibt. Der anfängliche Stress der Arbeit legt sich langsam, auf einmal findet man wieder zeit für sich und fängt an zu begreifen.
Auch das Haus erweckt langsam zum Leben. Dies liegt noch nur an uns, die sich beginnen einzurichten, sondern auch an einer Vielzahl von Tieren die beginnt das Haus mit uns zu bevölkern.
Auch die Mahlzeiten beginnen sich zu wiederholen, ab und zu gehen wir auf dem Russischen Markt essen, dieser ist knapp 5 min mit unserem Moto entfernt. Man sagt hier bekommt man alles, und dies scheint wirklich so. Ob Elektronik, Kleidung, Essen, Schuhe, Motoren, Gewürze oder Medikamente es gibt immer einen Stand der das hat was man sucht. Läuft man über den Markt packt einen der Geruch von Abgasen und einen beißenden Duft von Fleisch und Fisch gepaart von lieblich riechen Früchten und Gewürzen die man noch nie gesehen hat. In den engen Gassen ein gewusel von Einheimischen, Touristen, invaliden Bettlern und Verkäufern. Man lächelt sich an.
Auf dem Rückweg springt eine der wenigen Ampeln die es hier gibt auf
Rot, ich halte an. Plötzlich werde ich von einem schrillen hupen
erschreckt, es ist die Polizei welche mir verständlich macht über die
Rote Ampel zu fahren um den Verkehr nicht aufzuhalten. Es geht weiter
gerade aus, der Motor dreht hoch. Vorbei an der vierköpfigen Familie auf
einem Moto, vorbei an dem Völlig überladenen LKW dessen Rußpartikel so
groß sind, dass man sie sich aus den Augen reiben muss und vorbei an dem
riesigen SUV in welchem anscheinend eine wichtige Person sitzt. Dann
bei dem "wenden Verboten" Schild wenden, kurz auf die Falschfahrer
achten, um darauf bei dem "Rechts abbiegen verboten” Schild rechts
abzubiegen. Die Straße wird wieder holprig, die Dämpfer geraten an ihre
Grenzen. Manchmal scheint es so als würden die Schlaglöcher von Tag zu
Tag größer.
Das Pchum Ben Fest, eine Buddhistische Tradition zu Ehren
der Ahnen, war in vollem Gange und bescherte uns eine Woche Urlaub.
Einige befreundete Freiwillige und ich beschlossen diese Gelegenheit für
den ersten Urlaub zu nutzen. Die Reise sollte zunächst nach
Shianoukville gehen um von dort nach einigen Tagen Aufenthalt die Insel
Corong zu besuchen. Nachdem wir mit einem gewohnt langsamen und und
unpünktlichen TukTuk einen ungewohnt pünktlichen Reisebus noch in
letzter Minute erreichten ging es los.
Obwohl wir von Freunden gewarnt wurden, dass Shianoukville sehr "Thailändisch" sei, war ich bei der Ankunft von der Stadt geschockt. Begrüßt wurden wir von einem Überangebot an TukTuk Fahrern welche nicht nur eine Fahrt, sondern auch offensichtlich Drogen verkaufen wollten. Dazu kamen an jeder Ecke dreckige westliche Restaurants an denen es zwar reichlich Burger und Pizza gab aber nur selten die einheimische Küche vertreten war. Besonders ins Auge stach bei dieser vom Tourismus zerfressenden Stadt, dass außerordentlich viele alte, reiche und dicke Menschen, welche weiß waren, mit sehr jungen hübschen Kambodschanerinnen zu sehen waren. Selten habe ich mich so geschämt.
Obwohl wir von Freunden gewarnt wurden, dass Shianoukville sehr "Thailändisch" sei, war ich bei der Ankunft von der Stadt geschockt. Begrüßt wurden wir von einem Überangebot an TukTuk Fahrern welche nicht nur eine Fahrt, sondern auch offensichtlich Drogen verkaufen wollten. Dazu kamen an jeder Ecke dreckige westliche Restaurants an denen es zwar reichlich Burger und Pizza gab aber nur selten die einheimische Küche vertreten war. Besonders ins Auge stach bei dieser vom Tourismus zerfressenden Stadt, dass außerordentlich viele alte, reiche und dicke Menschen, welche weiß waren, mit sehr jungen hübschen Kambodschanerinnen zu sehen waren. Selten habe ich mich so geschämt.
Um uns den Aufenthalt in Shianoukville dennoch so angenehm wie möglich zu gestalten flüchteten wir aus der Stadt in den Ream Nationalpark. Mit einem Ranger fuhren wir in einem kleinen Bot durch ein fein verzweigtes Flusssystem und liefen durch den Jungel. Besonders tückisch dabei waren die Tiere, wie zum Beispiel große Spinnen welche ihre riesigen Netze genau auf Kopfhöhe über den Weg spannten. Lustigerweise lief eine unaufmerksame Teilnehmerin mit ihrem Gesicht in ein genau solches Netz, was bei ihr einen kleinen Schock auslöste.
Nach drei Tagen Aufenthalt in Shianoukville ging es
daraufhin weiter zu Insel Corong. Bereits die Anfahrt mit der Fähre war
atemberaubend. Als wir an einer kleinen Inselgruppe vorbeifahren
Beschloss in ferner Zukunft dort einmal zu leben.
Die Insel lässt sich als Gegenstück zu Shianoukville beschreiben. Die Drogen, der Dreck und der Sextourismus der Stadt wurden durch wunderschöne Strände mit Wasser, welches nachts zu leuchten beginnt ersetzt. Ein kleines, schläfriges Fischerdorf mit einer Hand voll herzlicher Einheimischen und einzigartigen Gaststätten stellt das Zentrum der Insel dar. Besonders gerne genoss ich die Aussicht vor unserem Gasthaus auf den Sonnenuntergang um daraufhin eine köstliche Nudelsuppe zu verspeisen.
Dennoch, nach drei Tagen sollte der Zauber der Insel vorübergehen und wurde durch die Rückkehr nach Phnom Penh ersetzt.
Die Insel lässt sich als Gegenstück zu Shianoukville beschreiben. Die Drogen, der Dreck und der Sextourismus der Stadt wurden durch wunderschöne Strände mit Wasser, welches nachts zu leuchten beginnt ersetzt. Ein kleines, schläfriges Fischerdorf mit einer Hand voll herzlicher Einheimischen und einzigartigen Gaststätten stellt das Zentrum der Insel dar. Besonders gerne genoss ich die Aussicht vor unserem Gasthaus auf den Sonnenuntergang um daraufhin eine köstliche Nudelsuppe zu verspeisen.
Dennoch, nach drei Tagen sollte der Zauber der Insel vorübergehen und wurde durch die Rückkehr nach Phnom Penh ersetzt.
Wieder zurück in Phnom Penh haben sich die Dinge kaum
verändert. Man schläft wieder im gleichen Bett und isst die gewohnten
Mahlzeiten, wacht pünktlich auf und fährt zur Arbeit. Es hat sehr viel
geregnet, sodass das Fußballfeld in unserem Projekt überschwemmt ist.
Die Kinder nutzen das Feld nun als eine Art Swimmingpool. Einige Kinder
schaffen es sogar Fische im Wasser zu fangen, welche sie anschließend
braten und essen. Der Strom im Klassenzimmer ist ausgefallen und
aufgrund der hohen feuchtigkeit haben sich die Mücken explosionsartig
vermehrt.
Die juckenden Mückenstiche stören mich nicht mehr, viel eher
fürchte ich mich vor den Krankheiten die von den Insekten übertragen
werden Können. So sind bereits drei Freiwillige an dem Dengue Fieber
erkrankt. Der Virale Infekt, wird in Deutschland aufgrund seiner
qualvollen Symptome als “Knochenbrecherfieber” bezeichnet. Dies ist
jedoch in Anbetracht der Tatsache, dass man bei einer Zweitinfektion mit
einer Wahrscheinlichkeit von 3% sterben kann, wohl eher das kleiner
Übel. Doch es lauern weiter Gefahren hinter jeder Ecke. Bei dem Versuch
mit 50 Km/h einen Hund auszuweichen sind unglücklicherweise zwei sehr
gut befreundete Freiwillige schwer mit dem Moto verunglückt. Dabei brach
sich die Fahrerin das Schlüsselbein und befindet sich deshalb zum
jetzigen Zeitpunkt wieder in Deutschland.
In Anbetracht dieser Ereignisse kann ich mich glücklich schätzen bis
jetzt mit einer Lebensmittelvergiftung wie ein paar kleinen Fastunfällen
im Verkehr glimpflich davon gekommen zu sein.
Manchmal sehne ich mich nach Deutschland. Mit jedem
deutschem Auto, welches ich sehe, mit jedem deutschem Bier, das ich
trinke, und mit jeder deutschen Person mit der ich rede fühle ich mir
der Heimat ein Stück näher. Hier spüre ich erstmals was es bedeutet in
Deutschland aufgewachsen zu sein und kann zum ersten nachvollziehen was
die Welt unter den “typischen deutschen Werten” versteht. Doch auch
wenn hier die Dinge anders laufen, auf eine für mich unbegreifbare Weise
funktioniert trotzdem vieles.
Es gibt nur wenige regeln von denen kaum welche befolgt werden. Dies in Verbindung mit der Unabhängigkeit und Selbständigkeit führt dazu, dass ich ein Gefühl der Freiheit verspüre, wie ich es noch nie getan habe. Ich bin erstmals in der Lage das Leben so zu Leben wie es mir vorstelle, mit allen Vorteilen, Nachteilen und Gefahren. Das ist etwas neues was ich vorher noch nie gefühlt habe und ich fürchte, dass ich dies auch nie so intensiv in Deutschland fühlen werde.
Es gibt nur wenige regeln von denen kaum welche befolgt werden. Dies in Verbindung mit der Unabhängigkeit und Selbständigkeit führt dazu, dass ich ein Gefühl der Freiheit verspüre, wie ich es noch nie getan habe. Ich bin erstmals in der Lage das Leben so zu Leben wie es mir vorstelle, mit allen Vorteilen, Nachteilen und Gefahren. Das ist etwas neues was ich vorher noch nie gefühlt habe und ich fürchte, dass ich dies auch nie so intensiv in Deutschland fühlen werde.
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